Vor ungefähr 35 Jahren wurde die Republik vom sogenannten Glykol-Skandal erschüttert.
Unmittelbar nach diesen Ereignissen und den juristischen Folgen für die betreffenden Weinbauern wurde Österreichischer Wein weltweit zum Ladenhüter. Das Weinland Österreich lag am Boden.
Das daraufhin erlassene Weingesetz und ein gewecktes Qualitätsverständnis und -bewusstsein bei den Konsumenten und den Herstellern führte ab Mitte der 90er Jahre zu einem wahren Boom für den Österreichischen Wein: Es wurde für weniger Wein mehr bezahlt und hierzulande hergestellte Tropfen wurden zunehmend auch international anerkannt und geschätzt. Diese Qualitätssteigerung zu „Lasten“ der Menge darf auch unter dem Titel „Immer weniger von immer Besserem“ zusammengefasst werden.
Dieser Ausspruch des österreichischen Journalisten und Herausgebers Helmut A. Gansterer begleitet mich seit seinem 2004 veröffentlichten Essay „Geiz ist geisteskrank“. Er beschreibt die Vorteile eines Qualitätsbewusstseins, das neben nationalökonomisch positiverer Wirkung auch ökologische Effekte wie Umwelt- und Ressourcenschonung enthält. Gleichzeitig verurteilt er die Philosophien des „geiz-ist-geil“ und „billig-aber-viel“.
Ich bin mir sicher, dass wir als Gesellschaft einem neuen Trend eine breite Chance geben werden: Neo-Ökologie als Treiber unseres Wirkens, eine einsetzende Gegenbewegung zu global verstrickten Warenströmen und Sicherheit in der regionalen Selbst-Versorgung, der Nutzung einer neu erlebten Konnektivität und zunehmender Individualisierung in vielen Lebensbereichen, vor allem aber im Zusammenhang mit unserer Gesundheit. Insgesamt werden wir zukünftig bewusst Teil eines ganz großen Ganzen sein, mit-gestaltender Teil einer Ökonomie sein, die sich gerade neu erfindet.
Damit wächst auch das dafür notwendige Qualitätsbewusstsein, das einem „weniger ist mehr“ entspricht, einem neuen Konsumverhalten, das dem „Immer weniger von immer Besserem“ sehr Nahe kommt. Lokale, regionale Wertschöpfung und der Wert lokaler Selbstversorgung entwickelt einen Sog: Diese geänderte Geisteshaltung wird ein neuer Treiber für Entwicklungen sein.
Dabei ist das gar nicht neu. Das ist auch nicht alt. Es ist bewährt. Und es ist einfach.


(erschienen in der EINUNDSECHZIG-Ausgabe Nr. 28 im Sommer 2021)
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